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aus der Märkischen Oderzeitung vom 01.02.2018:

Betreiber freut sich über Zuwächse / Veränderter Takt ermöglicht verbesserte Pünktlichkeit

Nahverkehr

Fahrgäste drängen in Obusse



Andrang an der Haltestelle: Am Markt warten Passagiere auf das Einsteigen in den Obus. Das Foto ist am Vormittag entstanden. Die Zahl der Fahrgäste ist deutlich gestiegen.

Andrang an der Haltestelle: Am Markt warten Passagiere auf das Einsteigen in den Obus. Das Foto ist am Vormittag entstanden. Die Zahl der Fahrgäste ist deutlich gestiegen.
© Foto: Andreas Gora


Von Sven Klamann

Eberswalde (MOZ) In den Oberleitungsbussen ist es voller geworden. Dieser Eindruck vieler Fahrgäste lässt sich mit Zahlen belegen. Doch die Barnimer Busgesellschaft sieht deswegen keinen zusützlichen Handlungsbedarf. Die bessere Auslastung sei erfreulich, heißt es vom Unternehmen.

Für die Barnimer Busgesellschaft (BBG) ist der Eberswalder Stadtverkehr eine sichere Bank: Die zwölf Oberleitungsbusse, von denen immer zehn in der Barnimer Kreisstadt unterwegs sind und zwei gewartet werden, legen zusammen 750 000 Kilometer pro Jahr zurück. Und bringen dabei aktuell etwa 3,6 Millionen Passagiere von A nach B. "Die Fahrgastzahlen sind von 2015 zu 2016 um vier Prozent und von 2016 zu 2017 um drei Prozent gestiegen", sagt Frank Wruck, der als Geschäftsführer der BBG in der Verantwortung steht. Der Zuwachs sei ausdrücklich zu begrüßen, denn durch ihn werde der öffentliche Personennahverkehr in Eberswalde nachhaltig gestärkt. "So brauchen wir gar nicht erst darüber zu reden, ob die Fahrpläne ausgedünnt und Busse außer Dienst gestellt werden sollten", hebt der Geschäftsführer hervor. Allerdings hält Frank Wruck auch das Gegenteil, den Ankauf und Einsatz zusätzlicher Obusse im Stadtverkehr, für nicht erforderlich.

"Die Fahrzeuge sind häufiger als früher voll besetzt. Aber es gibt keine Belege dafür, dass sie chronisch überfüllt seien", ergänzt Alexander Greifenberg, Verkehrsleiter bei der BBG. Dass es vor allem zum Ende vorigen Jahres in den Morgenstunden zeitweise anders ausgesehen habe, sei einem Fehler in der Einsatzplanung der Obusse geschuldet gewesen: Gerade in der kritischen Zeit zwischen 5 und 6 Uhr in der Frühe hätten einige Fahrten gefehlt. Mit der Folge, dass in manchen Obussen sogar Stehplätze nicht mehr zu bekommen waren, Passagiere auf den nächsten Bus ausweichen mussten und ihre Anschlusszüge verpasst hätten. "Dieser bedauerliche Patzer ist inzwischen korrigiert", betont Alexander Greifenberg.

Zur weiteren Entspannung habe beigetragen, dass der Takt von 4 bis 18 Uhr auf 15 Minuten vereinheitlicht wurde. "Vorher waren die Fahrpläne bei den Zeitfenstern zwischen 6 und 8 Uhr und zwischen 13 und 17 Uhr auf einen Zwölf-Minuten-Takt ausgerichtet", sagt Frank Wruck. Das habe jedoch nur in der Theorie funktioniert. Auch wegen der in Teilen Eberswalde veränderten Verkehrsführung hätten die Obusfahrer häufig ihre Umlaufzeiten nicht mehr einhalten können. Die regelmäßigen Verspätungen hätten aus den Fahrplänen Makulatur gemacht. Der leicht verlängerte Takt habe die Situation deutlich entspannt. "Zumal auf der Strecke zwischen Marktplatz und Familiengarten, die von beiden Obuslinien bedient wird, an den Haltestellen ja alle siebeneinhalb Minuten ein Obus eintrifft", führt der BBG-Geschäftsführer aus.

Dass die Fahrgastzahlen angestiegen seien, habe durchaus mit den Flüchtlingen zu tun, die in Eberswalde ein neues Zuhause gefunden hätten, schlussfolgert Frank Wruck. Und bestätigt damit eine Behauptung, die in den sozialen Medien verbreitet wird. "Doch daran ist absolut nichts Schlechtes zu finden", sagt er.

Die zusätzliche Passagiergruppe der Neubürger habe dazu geführt, dass die Obusse auch in den Abendstunden verstärkt in Anspruch genommen würden. "Die Fahrer berichten, dass sie nach 18 Uhr noch nie so viele Fahrgäste mit Kindern und Kinderwagen gesehen hätten", verrät Alexander Greifenberg. Den Konflikt zwischen Kinderwagen und Rollatoren habe es schon vorher gegeben. Dies sei auch keine Frage der Nationalität. "An unseren Fahrzeugen sind Piktogramme, die deutlich machen, dass Passagiere mit Rollatoren die zweite und mit Kinderwagen die dritte Tür zum Ein- und Aussteigen nutzen sollten", sagt Frank Wruck. Im Übrigen helfe wie in jedem anderen Lebensbereich die gegenseitige Rücksichtnahme, sich anbahnende Probleme zu entschärfen.

Der erste Obus verlässt morgens um 3.30 Uhr das Depot, der letzte ist um 23.45 Uhr wieder auf dem Hof.

Kommentar

Die Eberswalder sind mit Fug und Recht stolz auf ihren Obus, der ihnen ein Alleinstellungsmerkmal in Ostdeutschland beschert. Strippenbusse verkehren bundesweit ansonsten nur noch in Esslingen am Neckar und in Solingen. Vor allem macht der Obus keinen Krach und verpestet auch die Umwelt nicht. Daher ist es nur zu begrüßen, wenn die Zahl der Fahrgäste steigt. Es gibt schon Zeitgenossen, die vor der Kehrseite des Erfolges warnen: Sie malen übervolle Busse und unendliche Warteschlangen an den Haltestellen an die Wand. Und sorgen sich, dass der öffentliche Personennahverkehr in Eberswalde zusammenbrechen könnte. Sollten die Beschwerden tatsächlich zunehmen - nach Aussage der Barnimer Busgesellschaft gibt es dafür aktuell keinen Beleg - müsste der Landkreis reagieren. Und dafür sorgen, dass mehr Busse angeschafft und mehr Fahrer eingestellt werden. Klar, das würde zusätzliches Geld kosten. Noch teurer wäre die Entscheidung, das Busfahren kostenlos zu ermöglichen. Welch ein Gewinn für die Umwelt!

Sven Klamann