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aus der Märkischen Oderzeitung vom 17.04.2008:

Essener Firma will 34 Buslinien übernehmen

BBG bietet mit und hofft auf Zuschlag

Eberswalde (MOZ) Erstmals muss sich die Barnimer Busgesellschaft (BBG) im Wettbewerb um Linienkonzessionen mit einem Konkurrenten auseinandersetzen. Die Zittauer Tochter einer Essener Firma will 34 Barnimer Linien übernehmen.

Von Hans Still

Alle acht Jahre müssen sich die Verkehrsbetriebe einem Wettbewerb um die Liniengenehmigungen stellen - das Landesamt für Bauen und Verkehr koordiniert das Verfahren. Dort fällt etwa Mitte Mai die Entscheidung, wer im Barnim den Zuschlag erhält. Zum Jahresende 2008 läuft ein Großteil der BBG-Konzessionen aus. Beispielsweise für den Eberswalder Stadtverkehr, für Strecken von Bernau nach Marienwerder, nach Schwanebeck oder nach Werneuchen. „Es geht um deutlich mehr als 50 Prozent unserer Fahrleistungen”, antwortet BBG-Geschäftsführer Frank Wruck auf MOZ-Nachfrage, konkret sind es 34 Linien. Derzeit läuft die Anhörungsfrist im Vergabeverfahren, beide Anbieter haben die Gelegenheit, ihre Angebote zu konkretisieren. Zudem werden Kommunen, der Kreis und weitere Beteiligte um eine Stellungnahme gebeten, wie eine Sprecherin des Brandenburger Verkehrsministeriums der MOZ bestätigte.

Mitbewerber um Barnimer Konzessionen ist die KVG Dreiländereck, die zur Abelio GmbH in Essen gehört. „Der Barnim ist eine interessante Region, er passt ins Portfolio des Unternehmens. Deshalb haben wir unseren Hut in den Ring geworfen”, antwortet Barbara Schüler, Pressesprecherin der Abelio GmbH auf die Frage, wie sich das Interesse am fernen Barnim erklärt. Unbestritten ist die Abelio GmbH auf Expansionskurs. Ermöglicht wird dies durch einen Finanzinvestor, die Star Capital aus England, wie die Sprecherin bestätigt. „Deshalb sind wir aber keine Heuschrecken. Wir vernichten keine Arbeitsplätze und zahlen keine Dumpinglöhne. Wir haben einen Finanzinvestor, der sich natürlich eine Rendite verspricht.”

Zu den zur Debatte stehenden Linien gehört unter anderem auch der Eberswalder Stadtverkehr, der als Barnimer Besonderheit den Obus-Verkehr zu bieten hat. „Wir haben natürlich den Obus-Betrieb kalkuliert”, so BBG-Geschäftführer Wruck. Abelio hat nach MOZ-Informationen möglicherweise andere Pläne, sie will das Eberswalder Stadtnetz vermutlich mit Dieselbussen befahren. Dazu Sprecherin Schüler: „Dieselbusse sind eine Option, wir fahren auch in anderen Regionen mit hochwertigen Bussen.” Wie sie weiter sagt, würde die KVG im Falle eines Zuschlages Gespräche mit der BBG aufnehmen, beispielsweise um Fahrdienstleitungen in Auftrag zu geben oder über die Übernahme von Mitarbeitern zu verhandeln.

Für die BBG wäre der Verlust der Konzessionen ein empfindlicher Aderlass, der unweigerlich den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten würde. „Wir haben derzeit 240 Mitarbeiter, mehr als die Hälfte müsste dann gehen”, so Wruck. Durchaus Gewicht hat bei der Vergabeentscheidung die Stellungnahme des Kreises - er ist der so genannte Aufgabenträger. Zuständig für den Öffentlichen Personennahverkehr ist Dezernent Carsten Bockhardt (CDU), der sich allerdings außergewöhnlich zugeknöpft gibt. „Es ist ein laufendes Vergabeverfahren, jeder Kommentar wäre falsch”, so Bockhardt. Wie die MOZ recherchierte, gab es bislang in keinem Brandenburger Kreis einen Zuschlag für auswärtige Anbieter. Jüngst wurden Linien in der Prignitz vergeben: Der einheimische Anbieter konnte sich knapp durchsetzen.