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4.2. Zeitraum von Mai 1945 - 1965
Im Mai 1945 begannen die Stadtwerke unter katastrophalen Bedingungen mit dem Wiederaufbau der
Obus-Anlage. Neues Material konnte nicht beschafft werden. Also wurde das vorhandene
überwiegend beschädigte Material repariert und wiederverwendet.
Von den vier noch vorhandenen Obussen wurde Obus Nr. 4I vom deutschen Typ MPE I als erster
instandgesetzt.
Da keine Batterien vorhanden waren, wurde für Scheinwerfer, Innenbeleuchtung und die
elektrische Steuerung behelfsmäßig Strom aus der Fahrleitung entnommen. Die
Fensterscheiben, die sämtlich zertrümmert waren, wurden durch Pappe ersetzt und
hatten nur einen kleinen Durchblick aus Glas.
Die unbeschädigten Fahrleitungsabschnitte in Ostend und an der Artilleriekaserne wurden
abgebaut und für den beschädigten Fahrleitungsabschnitt zwischen Boldstraße
und dem Alsenplatz (heute Karl-Marx-Platz) wiederverwendet.
Am 07.08.1945 erfolgte nach fast 3 monatiger Instandsetzungsarbeit die Wiederaufnahme des
Obus-Betriebes zwischen Boldstraße und dem Alsen-Platz (heute: Karl-Marx-Platz) mit dem
einzigen einsatzfähigen Obus Nr. 4I vom deutschen Typ MPE I.
Der einzige Obus pendelte im zweischichtigen Einsatz zwischen den beiden Endpunkten.
Der Obus Nr. 1I vom Typ MPE I wurde als zweiter Obus im Oktober 1945 nach
Instandsetzung wieder in Betrieb genommen.
Im Januar 1946 erfolgte die Wiederaufnahme des Betriebs auf der Teilstrecke Karl-Marx-
Platz (ehemals Alsen-Platz) zum Markt und ein neuer Obus vom deutschen Typ KEO I
(Kriegseinheitsobus Normgröße 1) Nr. 2II wurde eingesetzt. Dieser Obus
war einer der zwei gegen Kriegsende von den Berliner Siemens-Schuckert-Werken nach Eberswalde
ausgelagerten Obusse. Dieser Obus wurde mit einem BBC-Motor 61 kW ausgerüstet, der aus
einem ausgebrannten Eberswalder Wagen stammte.
Obwohl es gerade in den ersten Monaten nach Kriegsende große Probleme gab, gelang es
den Stadtwerken doch einen relativ kontinuierlichen Linienverkehr aufrecht zu erhalten.
Im März 1946 erfolgte die Wiederaufnahme des Betriebs auf der Teilstrecke Markt zur
Gertraudenstraße. Ebenfalls im März 1946 wurden zwei weitere Obusse vom deutschen
Typ KEO I (Kriegseinheitsobus Normgröße 1) vom ehemaligen Fahrzeugbau Schumann
GmbH/Werdau i.Sa abgeholt. Diese Obusse wurden erst mit Altteilen aus ausgebrannten
Eberswalder Wagen um- und ausgerüstet und erhielten die Wagen-Nr. 4II und 5
II.
Diese zwei Eberswalder Obusse des deutschen Typs KEO I stammten ebenfalls aus einer 12-Wagen-
Serie, die ursprünglich für den österreichischen Obus-Betrieb Leoben gebaut
worden waren. Durch die Kriegsereignisse wurden sie dann aber auf die Obus-Betriebe der
sowjetischen Besatzungszone (Greiz, Leipzig, Eberswalde) aufgeteilt.
Ab April 1946 waren drei Obusse im Einsatz. Zu dieser Zeit fiel der Obus Nr. 4I aus.
Trotz Instandhaltungsproblemen an den Obussen und an der
Fahrleitung konnte der Obus-Verkehr bis zum April 1948 gesichert werden. Aufgrund von
Reifenmangel wurde behelfsmäßig mit Vollgummireifen gefahren. Durch die hohe
Beanspruchung der Obusse und die daraus resultierenden Schäden sowie Reifen- und
Ersatzteilmangel mußte der Fahrbetrieb dann aber doch vom April bis September 1948
eingestellt werden.
Nach einer Zuteilung von Reifen und Ersatzteilen erfolgte am 25. Oktober 1948 die
Wiederaufnahme des Obus-Verkehrs mit nur einem Fahrzeug.
Die Stadtwerke Eberswalde wurden zum 01.April 1949 aufgelöst und in das Kommunale
Wirtschaftsunternehmen (KWU) überführt.
Am 11.07.1949 erfolgte die Wiederaufnahme des Betriebs auf der eingleisigen Teilstrecke von
der Gertraudenstraße zur Endhaltestelle Ostend. Der Aufbau dieser Teilstrecke erfolgte
unter Verwendung der Fahrleitungsmaste des Abzweiges zur Artillerie-Kaserne. An der
Wendestelle in Ostend wurde ein Fahrleitungsweiche eingebaut. Dadurch entstand eine sog.
Kehrschleife. Der ehemalige Abzweig zur Artillerie-Kaserne wurde nicht wieder aufgebaut.
Ein Obus pendelte auf dem neuen Streckenabschnitt im 20-Minuten-Takt und 2 Obusse sicherten
den Linienverkehr von der Gertraudenstraße zur Boldtstraße.
Im Juli 1949 mußte auch der Obus Nr. 1I des deutschen Typs
MPE I wegen fehlender Ersatzteile abgestellt werden. Die Karosserie dieses Obusses wurde
später auf ein LKW-Fahrgestell aufgebaut und als Kraftomnibus, besser bekannt unter dem
Namen "Jumbo", eingesetzt.
Aufgrund der Abstellung des Obus Nr. 1I wurde der Sonntagsverkehr eingestellt. Da keine Reserve-Fahrzeuge
vorhanden waren, mußten anstehende Reparaturen am Sonntag durchgeführt werden.
Durch die Lieferung fehlender Ersatzteile erfolgte am 13.Februar 1950 die Inbetriebnahme des
zweiten Obus vom deutschen Typ KEO I, Nr. 3II, und so konnten wieder vier Obusse
eingesetzt werden. Desweiteren konnte auch der defekte Obus Nr. 4I vom deutschen
Typ MPE I instandgesetzt werden. Er wurde als Obus Nr. 1II am 27.April 1950 wieder
in Dienst genommen. Dadurch wurde zum Fahrplanwechsel am 02.Juni 1950 wieder Sonntagsverkehr
möglich.
Ab 1950 fertigte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) eigene Obusse in den nunmehr
volkseigenen Firmen Werdau und Ammendorf der Lokomotiv-und Waggonbau (LOWA).
Mit der Auflösung des Kommunalen Wirtschaftsunternehmens (KWU) am 01. Mai 1951
wurde der Obus-Betrieb ein selbstständiger Betrieb und firmierte nun unter "VEB
Verkehrsbetriebe Eberswalde".
Der Wagenpark wurde im Januar 1951 um 3 Obusse des DDR-Typs LOWA W 600
(Nr. 6II bis 8II) sowie um 3 Anhänger des DDR-Typs LOWA W 700
des VEB Waggonbau Werdau erweitert.
Da die Obusse des DDR-Typs LOWA W 600 mit Zweistangen-Stromabnehmern geliefert wurden und auch
die Versorgung mit Stromabnehmerköpfen für die Einstangen-Stromabnehmer der
vorhandenen Obusse nicht mehr sichergestellt werden konnte, erfolgte an einem Sonntag im
Dezember 1951 in Eberswalde der Umbau der Oberleitung und der Obusse vom Einstangenstromabnehmersystem BBC auf das Zweistangenstromabnehmersystem. Zur Umrüstung wurden Stromabnehmer der vorhandenen defekten Obusse verwendet.
Im Jahre 1952 beförderte der Obus bereits wieder 4.992.000 Personen.
Mit der Wiederherstellung der zweiten Fahrleitungsspur auf dem einspurigen Streckenabschnitt
Freienwalder Straße/Gertraudenstraße-Ostend konnte ab November 1952 die Linie Westend-Ostend durchgängig befahren werden.
Damit war der Wiederaufbau der Fahrleitung des Eberswalder Obus-Netzes im Wesentlichen
abgeschlossen und man konnte sich der notwendig gewordenen
Anbindung des Stadtteiles Nordend an das Obus-Netz widmen.
Am 05. April 1953 wurde die zweispurige Neubaustrecke Stadtzentrum-Nordend eröffnet. Die 3,2
km lange Obus-Strecke nach Nordend zweigte an der Friedrich-Ebert-Straße ab.
Der Obus-Verkehr auf der Linie Nordend-Westend wird ab Oktober 1953 mit der Inbetriebnahme des Obus Nr. 9II vom DDR-Typ LOWA W 602a und eines Anhängers vom DDR-Typ LOWA W 700 von sonntags auf die gesamte Woche ausgedehnt.
Eine Einzelfahrt kostete zu dieser Zeit 0,15 DM. Es gab Sammelfahrkarten zu 10 Fahrten für 1,- DM (DM = Deutsche Mark der Deutschen Notenbank, bis 31.Juli 1964). Die Schaffnerin entwertete die Fahrkarten mit einer Lochzange. Ab 23.00 Uhr galt der Nachttarif von 0,20 DM je Einzelfahrt. Sammelkarten waren dann ungültig.
Im gleichen Jahr wurde die Gleichrichterstation vom alten Elektrizitätswerk in das neue Verwaltungsgebäude Bergerstraße umgesetzt.
Am 01.Mai 1954 konnte ein Obus des deutschen Typs KEO I nach einer Generalüberholung bei
der Firma KAFA Berlin-Schöneweide wieder in Betrieb genommen werden. Damit entspannte
sich die Lage im Fahrzeugpark. Bis 1955 wurden weitere zwei Obusse des deutschen Typs KEO I
überholt.
Im Jahre 1955 ereignete sich mit einem Obus vom deutschen Typ KEO I (Kriegseinheitsobus Normgröße 1) ein schwerer Verkehrsunfall auf der Linie Nordend-Westend in der Poratzstraße.
Zur besseren Unterscheidung der beiden Obus-Linien wurde wahrscheinlich im Jahre 1956 das rot-weiße Zielschild eingeführt, welches bis heute die Linie nach Nordend kennzeichnet.
Im Jahre 1956 erfolgte die Indienststellung weiterer Fahrzeuge. Der Obus Nr. 4III des DDR-Typs LOWA W
602a, hergestellt im VEB Waggonbau Ammendorf, sowie 4 Anhänger des DDR-Typs LOWA W 701,
hergestellt im VEB Fahrzeug-und Mähdrescherwerk Weimar kamen zum Einsatz.
Im Februar und März 1956 wurde im RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe der
ehemals sozialistischen Ostblockstaaten) eine Spezialisierung der Mitgliedsländer im
Fahrzeugbau beschlossen. Die DDR hatte die Aufgabe kleinere und mittlere Personenkraftwagen
sowie Lastkraftwagen bis fünf Tonnen Nutzlast herzustellen. Innerhalb des RGW war die
CSSR für die Obus-Herstellung zuständig. Daraufhin wurde im Jahre 1956 die
Obus-Fertigung in der DDR gänzlich eingestellt. Die DDR erhielt künftig Obusse
ausschließlich von den ŠKODA-Werken aus der CSSR.
Der letzte Obus vom deutschen Typ MPE I wurde 1957 außer Dienst gestellt.
Im Sommer 1958 wurde eine neue Anfahrtstrecke zur Friedensbrücke fertiggestellt. Damit
wurde die geteilte Straße der Jugend (Breite Straße) zu einem Straßenzug verbunden.
Die Oberleitung für den Obus wurde von der Goethe-Straße in die Straße der
Jugend verlegt. Gleichzeitig wurde am Platz der Freundschaft eine handbetriebene
Fahrleitungsweiche in die Fahrleitung eingebaut.
Im Oktober 1958 kamen die ersten beiden aus der ČSSR importierten Obusse
des tschechischen Typs ŠKODA 8 Tr in Eberswalde an. Im November 1958 kamen beide Obusse erstmals zum Einsatz.
Im Januar 1959 wurden weitere 3 Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 8 Tr zugeführt. Diese Fahrzeuge wurden in
einheitlicher elfenbeinfarbener Lackierung geliefert. Vor dem Einsatz dieser fabrikneuen Obusse bekamen sie unterhalb der
Fenster eine dunkelgrüne Neulackierung. Zwei der gelieferten Obusse waren ursprünglich für Berlin
vorgesehen. Deshalb wurden die Obus-Züge vom DDR-Typ LOWA W 602a mit den Wagen-Nr. 4III und 9II im Tausch gegen Obusse vom tschechischen Typ ŠKODA 8 Tr nach Berlin zur den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) abgegeben. Der Obus Nr. 9II des DDR-Typs LOWA W 602a verkehrte in Berlin noch bis zur Einstellung des Berliner Obus-Verkehrs im Jahre 1973.
Ab 22. Januar 1959 ergab sich erneut eine erhebliche Störung des Obus-Verkehrs in
Eberswalde. Die Eisenbahnbrücke, die einzige direkte Verbindung zwischen Westend und Stadtmitte, wurde aufgrund
technischer Mängel für den gesamten Fahrzeugverkehr gesperrt. Damit war die einzige Ost-West-Verbindung der
Stadt Eberswalde und somit auch die Obus-Linien nach Westend unterbrochen.
Am 29. September 1960 wurde die inzwischen instandgesetzte Eisenbahnbrücke wieder für den Verkehr freigegeben.
Damit konnte der unterbrochene Obus-Verkehr nach Westend wieder durchgehend aufgenommen
werden.
Durch die zunehmende Bedeutung des neuen Walzwerkes in Finow und dessen weiteren Ausbau bestand die Notwendigkeit einer
verbesserten Anbindung durch den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Ab 1960 wurde mit Planungen und
Vorarbeiten für eine Anbindung der Stadt Finow und insbesondere des neuen Walzwerkes an das Eberswalder Obus-Netz
begonnen. Die Anbindung der Stadt Finow und insbesondere des neuen Walzwerkes an das Eberswalder Obus-Netz scheiterte aber
letztlich an den Unzulänglichkeiten der sozialistischen Planwirtschaft. Durch einen Beschluß des damaligen
Rates des Bezirkes Frankfurt/Oder vom 13.Februar 1962 wurde schließlich das Obus-Projekt nach Finow aus dem
Bauprogramm für 1962 gestrichen und später dann nicht weiter verfolgt.
Im Juni 1960 erfolgte die Zuführung weiterer 2 Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 8 Tr. Diese Obusse wiesen in
einigen Details Veränderungen auf.
Im Mai 1962 wurden erstmals 5 Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 9 Tr nach Eberswalde geliefert und zum Einsatz gebracht.
Die Obusse der tschechischen Typen ŠKODA 8 Tr und ŠKODA 9 Tr waren nicht für den Anhängerbetrieb
ausgerüstet. Die entsprechenden Umbauten für den Anhängerbetrieb wurden in den Betriebswerkstätten in
Eberswalde durchgeführt.
Mit dem Einsatz der Obusse der tschechischen Typen ŠKODA 8 Tr und ŠKODA 9
verbesserten sich auch für die Busschaffnerinnen die Arbeitsbedingungen. Sie konnten jetzt während der Fahrt
sitzen, da sich neben der 3. Tür einen Kassierersitz befand. Der Einstieg war hinten, der Fahrgast bezahlte und stieg
dann an einer der beiden vorderen Türen aus.
Die Fahrzeugzuführungen im Zeitraum 1958 bis 1962 ermöglichten die Abstellung bzw. Außerdienststellung
aller alten Fahrzeuge. Nach Abschluß dieses Prozesses waren 7 Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 8 Tr und 5
Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 9 Tr im Bestand des Verkehrsbetriebes. Die drei Obusse vom DDR-Typ LOWA W 600
dienten noch als Reserve.
Die Obusse des tschechischen Typs ŠKODA 9 Tr waren dem Einsatz mit dem Anhänger vom DDR-Typ LOWA W 700
nicht gewachsen. Es traten Schäden an den Hinterachsen und später auch am Fahrzeugrahmen auf.
Daraufhin wurden ab 1962 Anhänger des kleineren DDR-Typs W 701 gebraucht beschafft. Die Produktion der
Anhänger des DDR-Typs W 701 war aufgrund einer Verschärfung der Bestimmungen für den Einsatz von
Anhängern im Personenverkehr bereits 1961 eingestellt worden. Für die Zukunft war eine Einstellung des
Anhängerbetriebes im Personenverkehr angedacht.
Um eine zügige Fahrgastabfertigung im Linienverkehr sichern zu können, wurde am 01. November 1962 das
Sichtkartensystem eingeführt. Gleichzeitig wurden die Nachtfahrten eingestellt.
Am 20.02.1965 erhielten die Eberswalder Verkehrsbetriebe von der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Frankfurt/Oder die Genehmigung zur Durchführung der Ausbildung von Frauen als Obus-Fahrerinnen.