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Aus der Märkischen Oderzeitung vom 25.02.2000:
48-Jähriger warf sich vor Nordender Obus
Klaus-Dieter W. starb noch an der Unfallstelle / Busfahrer erlitt einen Schock
Von MONIKA SCHMIDT
Eberswalde (M0Z) Für Klaus-Dieter W. kam gestern Morgen jede Hilfe zu spät. Der 48-jährige Ringenwalder war
kurz nach 9 Uhr nahe der Haltestelle Gillwaldhöhe an der Breiten Straße vor einen 18 Meter langen Obus der
Barnimer Busgesellschaft gesprungen. Der Fahrer, ein Mann mit zehnjähriger Berufserfahrung, konnte nicht mehr
ausweichen. W. wurde von den Rädern der rund sechs Tonnen schweren Vorderachse überrollt und starb noch am
Unfallort.
Minuten später war der Abschnitt zwischen Bahnübergang Forsthaus und Dr.-Zinn-Weg für Autofahrer und
Fußgänger gesperrt, Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr vor Ort. "Nach Angaben von Zeugen ist der Mann
von der Bordsteinkante direkt vor den Bus gesprungen. Er war Patient der Landesklinik", sagt Polizeikommissarin
Simone Hoge. Auf Aussagen des Busfahrers musste die Einsatzleiterin verzichten. Er stand unter Schock. Auch eine
Polizistin, die noch nicht allzulange im Dienst ist, musste eine Stunde nach dem schrecklichen Vorfall von einem
Psychologen betreut werden.
Für die Dienstschicht von Simone Hoge begann indessen ganz normaler Polizeialltag. Auch wenn die Zeugenaussagen
übereinstimmend eine Selbsttötung bestätigten, muss der Hergang des Unfalls noch einmal ganz genau
rekonstruiert werden. Der Tod von Klaus-Dieter W. wurde damit auch zu einem Fall für die Kripo. "Die wird ein
Verfahren eröffnen, weil Suizid eine Straftat ist. Eine Strafverfolgung aber wird es nicht geben", erklärt
die Polizeikommissarin das übliche Verfahren. Die vielen Schaulustigen konnten die Beamten inzwischen erfolgreich
vertreiben. "Unmittelbar nach dem Unfall war so schlimm, dass die Rettungssanitäter mehr damit beschäftigt
waren, die Leute wegzudrängen als dem Verletzten zu helfen", ärgert sich die Polizistin über die
große Schar Sensationshungriger. Im Nordender Bus selber saßen nur wenige Fahrgäste.
Warum sich der Mann aus der Uckermark das Leben genommen hat, konnte sich gestern niemand erklären. In die Fachklinik
für Psychiatrie war er erst am 18. Januar dieses Jahres gekommen. W. durfte sich dort frei bewegen. "Wir sind
sehr überrascht. Es gab keinerlei Hinweise für eine derartige Tat", sagt eine Sprecherin der Landesklinik.
Fassungslosigkeit herrschte gestern Morgen auch bei der Barnimer Busgesellschaft. Einen solchen Zwischenfall hat es dort
bisher noch nicht gegeben. Ob der Fahrer das fürchterliche Erlebnis je verarbeiten wird, kann niemand sagen. "Er
wird wenigstens eine Woche brauchen, um mit dem Ganzen überhaupt erst einmal klar zu kommen", vermutet Frank
Wruck, Geschäftsführer der Barnimer Busgesellschaft. Rund anderthalb Stunden war die B 2 gestern gesperrt.
Trotz Ausweichmanöver und Vollbremsung konnte der Busfahrer das Unglück nicht verhindern. Klaus-Dieter W. starb noch am
Unfallort.